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        Gelassen in unruhigen Zeiten – Was Stoizismus, Psychologie und Glaube gemeinsam haben

        Es gibt Zeiten, da scheint die Welt aus den Fugen geraten zu sein. Schlagzeilen voller Gewalt, Klimakrise, wirtschaftliche Unsicherheit, persönliche Überforderungen – und das alles bei gleichzeitig wachsenden Anforderungen im Berufs- und Familienalltag. Viele Menschen fragen sich: Wie soll man da innerlich ruhig bleiben? Wie die Kraft finden, nicht zynisch zu werden oder zu verzweifeln?

        Mir begegnet in diesen Fragen immer wieder eine alte Philosophie, die gerade eine bemerkenswerte Renaissance erlebt: der Stoizismus. Nicht nur in Feuilletons, Podcasts und Managementseminaren – selbst in Buchhandlungen füllen Werke der Stoiker wie Mark Aurel, Epiktet oder Seneca mitunter ganze Tische. Viele Menschen spüren: Da ist etwas, das uns heute etwas zu sagen hat.

        Aber warum? Und was hat das mit christlichem Glauben zu tun?

        Die Weisheit der Stoiker: Was in meiner Hand liegt – und was nicht

        Die Stoiker vertraten eine erstaunlich klare Grundhaltung: Nicht die Umstände bestimmen mein Leben – sondern meine Reaktion auf sie. Ich kann vieles nicht kontrollieren: das Wetter, andere Menschen, politische Entscheidungen, Krankheiten, Krisen. Aber ich kann lernen, mit einer ruhigen inneren Haltung zu antworten. Gelassen. Klar. Selbstbeherrscht.

        Mark Aurel, römischer Kaiser und Stoiker, schrieb in seinem Tagebuch:

        „Du hast Macht über deinen Geist – nicht über äußere Ereignisse. Erkenne das, und du wirst Stärke finden.“

        Das ist keine Flucht aus der Welt. Sondern eine Einladung zur Freiheit inmitten der Welt.

        Moderne Psychologie: Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum

        Diese Haltung ist nicht nur philosophisch interessant – sie wird auch durch die moderne Psychologie bestätigt. Der Wiener Psychiater Viktor Frankl, der mehrere Konzentrationslager überlebte, stellte fest: Der entscheidende Unterschied zwischen Menschen liegt darin, wie sie auf das reagieren, was ihnen widerfährt.

        Sein berühmtester Satz lautet:

        „Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“

        Was Frankl beschreibt, klingt nicht nur stoisch – es ist zutiefst menschlich und spirituell. Wer diesen Raum entdeckt, kann aufhören, Opfer seiner Umstände zu sein – und wird zum Gestalter des eigenen Lebens. Selbst in größtem Leid.

        Frankl sah darin nicht nur eine psychologische Technik, sondern eine zutiefst sinnorientierte Haltung. Er glaubte: Der Mensch ist ein Wesen, das nach Sinn fragt. Und dieser Sinn kann sogar in Not, Krankheit oder Schuld gefunden werden. Für viele Gläubige ist dieser „Sinn“ nicht irgendeine Idee – sondern eine Person: Gott.

        Paulus – Der stoische Apostel?

        Im Philipperbrief, geschrieben aus dem Gefängnis, schreibt der Apostel Paulus:
        „Ich habe gelernt, in jeder Lage zufrieden zu sein […] Alles vermag ich durch den, der mich stark macht.“ (Philipper 4,11–13)

        Auch Paulus unterscheidet – wie die Stoiker – zwischen äußeren Umständen und innerer Haltung. Doch seine Kraft kommt nicht aus reiner Vernunft oder Selbstbeherrschung. Sie kommt aus Beziehung: zu Christus. Sein Vertrauen ist nicht: „Ich krieg das schon hin.“ Sondern: „Ich bin gehalten – auch wenn ich falle.“

        Bewertung verändert Wirklichkeit

        Auch andere psychologische Theorien greifen diese Haltung auf. Der US-Psychologe Albert Ellis, Begründer der „Rational Emotive Behavior Therapy“, berief sich direkt auf Epiktet, wenn er sagte:

        „Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern unsere Bewertung dieser Dinge.“

        Anders gesagt: Es kommt darauf an, wie wir denken. Welche inneren Dialoge wir führen. Welche Geschichten wir über uns und die Welt erzählen.

        Das Neue Testament sagt dazu:
        „Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes.“ (Römer 12,2)

        Glauben heißt nicht: „Alles ist gut.“ Glauben heißt: „Ich lerne, anders zu sehen.“

        Was gibt unserem Leben Halt? – Sinn, Gnade, Beziehung

        Die Positive Psychologie, besonders durch Martin Seligman geprägt, nennt fünf Quellen für ein erfülltes Leben (das sogenannte PERMA-Modell):

        • Positive Emotionen
        • Engagement (echtes Tätigsein)
        • Relationships (gute Beziehungen)
        • Meaning (Sinn)
        • Accomplishment (Ziele und Erfolge)

        Auffällig ist: Auch hier taucht „Sinn“ als zentrale Quelle innerer Stärke auf. Und gerade dieser Punkt ist für den christlichen Glauben essenziell. Wir glauben, dass unser Leben kein Zufall ist – sondern gewollt, getragen, gesendet. Gott gibt uns Würde – nicht durch Leistung, sondern durch Liebe.

        Wachstum statt Festlegung

        Ein letzter Gedanke aus der Psychologie: Die Forscherin Carol Dweck unterscheidet zwischen einem Fixed Mindset („Ich bin halt so“) und einem Growth Mindset („Ich kann lernen und wachsen“).
        Menschen mit einem Growth Mindset gehen besser mit Rückschlägen um – weil sie wissen: Entwicklung ist möglich.

        Auch hier blitzt ein tief biblischer Gedanke auf. Der christliche Glaube glaubt nicht an Stillstand, sondern an Wandlung.

        „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur.“ (2. Korinther 5,17)
        Gnade macht Veränderung möglich – und schenkt Hoffnung für jeden neuen Tag.

        Und Jesus?

        Wer Gelassenheit sucht, darf den Blick auf Jesus richten.
        Jesus war kein Philosoph – aber er lebte eine Haltung, die heute mehr denn je gebraucht wird:

        • Er wirkte nicht getrieben, sondern verwurzelt.
        • Er suchte die Stille.
        • Er ließ sich nicht von Angst leiten, sondern von Vertrauen.
        • Er war konfrontationsfähig – ohne hart zu werden.
        • Und er gab sich am Kreuz in die Hände Gottes:
          „In deine Hände befehle ich meinen Geist.“ (Psalm 31,6)

        Das ist vielleicht die tiefste Form von Gelassenheit: Mich nicht mir selbst zu überlassen – sondern Gott.

        Schlussgedanke: Was hält uns wirklich?

        Die Stoiker, moderne Psychologen und die Bibel stimmen in vielem überein:

        • Wir können nicht alles kontrollieren.
        • Wir dürfen lernen, innerlich frei zu werden.
        • Unsere Haltung entscheidet über unsere Reaktion.
        • Und wer einen tragenden Sinn hat, geht gestärkt durchs Leben.

        Doch der christliche Glaube geht noch einen Schritt weiter:
        Wir sind nicht nur auf uns selbst angewiesen. Wir sind gehalten. Von einem Gott, der mitgeht. Der verwandelt. Der trägt.

        „Seid still und erkennt: Ich bin Gott.“ (Psalm 46,11)

        In dieser Stille kann Frieden wachsen. Kraft. Und ein Mut, der nicht laut, aber tief ist.
        Gelassen mitten in der Welt. Mit klarem Kopf – und offenem Herzen.

         

        Einladung zum Gespräch

        Vielleicht hast du beim Lesen gespürt: Da ist etwas, das dich anspricht. Eine Sehnsucht nach mehr innerer Ruhe. Nach Klarheit. Nach einer Kraft, die trägt – auch dann, wenn das Leben schwierig ist.

        Wenn du dich fragst, wie du diese Gelassenheit in deinem Alltag finden kannst, oder wenn du einfach jemanden suchst, mit dem du über deine Gedanken sprechen möchtest: Ich nehme mir gerne Zeit für dich.

        Ob du dich für Glauben interessierst, mitten in einer Krise steckst oder einfach neugierig bist – du bist willkommen. Ohne Druck. Ohne Erwartung. Einfach im Vertrauen darauf, dass im ehrlichen Gespräch oft schon etwas Heilsames geschieht.

        Über Ernest Heinlein

        Klar in der Sprache, neugierig im Denken – Ernest liebt Gegensätze. Als Controller steuert er internationale Standorte im Automobilsektor, als Coach begleitet er Menschen mit Feingefühl und Tiefgang.

        Ob Excel-Tabelle oder Seelenlandschaft, ob Gartenschaufel oder Gesellschaftsanalyse – Ernest verbindet Struktur mit Kreativität, Nachdenklichkeit mit Optimismus.

        Er lebt mit Herz, Verstand und Humor – in Familie, Beruf, als Coach und als Teil der Gemeindeleitung der Evangelischen Gemeinschaft. Begeistert von Gott und den Menschen, bringt er Ideen und Herzen in Bewegung.

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