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        Zwischen Alltag und Sehnsucht: Auf Spurensuche nach deiner Berufung

        Es gibt Sätze, die in der Tiefe unseres Herzens wohnen. Einer davon lautet: „Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt eine Berufung habe.“

        Oft klingt dieser Satz leise, fast schamvoll – wie ein Eingeständnis von Zweifel oder Unzulänglichkeit. Aber hinter ihm liegt eine große Sehnsucht: die Sehnsucht, dass mein Leben Sinn macht, dass es Bedeutung hat – und dass ich einen Platz habe, an dem ich gemeint bin.

        Berufung – mehr als Funktion

        Wenn wir von Berufung hören, denken wir schnell an Beruf(ung) im beruflichen Sinne: einen besonderen Dienst, eine besondere Gabe oder eine besondere Position. Manche sprechen vom „inneren Ruf“, andere von einer göttlichen Stimme. Doch nicht jeder spürt diesen Ruf so eindeutig.

        In der Bibel begegnen uns Menschen, die ebenfalls gerufen wurden – und dabei oft überrascht, überfordert oder unsicher waren. Mose am Dornbusch. Samuel in der Nacht. Maria mit der unbegreiflichen Botschaft. Petrus am See.

        Berufung beginnt selten mit Klarheit – sondern mit einem Angerührt Sein. Einem Erschrecken. Manchmal auch mit einem Widerstand.

        Und doch ruft Gott. Persönlich. Beim Namen. Und zwar nicht, weil wir so besonders wären – sondern weil wir geliebt sind.

        Berufung beginnt mit Beziehung

        Die Bibel erzählt viele Berufungsgeschichten. Fast immer beginnen sie nicht mit einem Auftrag, sondern mit einer Begegnung. Da ist Mose, der einem brennenden Dornbusch begegnet. Gott ruft seinen Namen – zweimal: „Mose! Mose!“ Und Mose antwortet schlicht: „Hier bin ich.“ (2. Mose 3,4)

        Oder Samuel, noch ein Kind, das in der Nacht eine Stimme hört. Erst beim dritten Mal begreift er, dass es Gott ist. „Rede, Herr, dein Knecht hört.“ (1. Samuel 3,10)

        Und da ist Maria, die junge Frau aus Nazareth, der ein Engel die unglaublichste Botschaft überbringt: „Du wirst ein Kind gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben.“ Ihre Antwort: „Mir geschehe, wie du gesagt hast.“ (Lukas 1,38)

        Im Hebräischen hängt das Wort für „berufen“ eng mit dem Wort „Name“ zusammen. Wer berufen wird, wird beim Namen gerufen. Gott spricht nicht ins Leere – er spricht Menschen an. Persönlich. In Beziehung. Und oft mitten im Alltag.

        So wie Jesus seine Jünger beruft: „Komm, folge mir nach.“

        Das ist keine große Strategie – sondern ein Beziehungsangebot. Berufung beginnt mit einem Gehen in der Nähe Jesu. Nicht mit einer genauen Jobbeschreibung, sondern mit einem Vertrauen: Wer mich ruft, kennt den Weg. Berufung ist nie zuerst eine Funktion oder Aufgabe. Gott ruft uns beim Namen. Und das Erste, worum es geht, ist nicht unsere Leistung, sondern unser Herz.

        Jesu Berufung – und unsere

        Auch Jesus selbst wurde berufen. Schon in der Taufe wird sichtbar, wie zentral seine Identität ist: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“ (Markus 1,11)
        Bevor er Wunder tut, predigt, heilt oder stirbt, steht diese Zusage: Du bist gewollt. Geliebt. Gesandt.

        Diese göttliche Zusage prägt Jesu ganze Berufung. Und sie gilt auch uns:

        Unsere Berufung beginnt nicht bei dem, was wir tun. Sie beginnt bei dem, was wir sind: geliebte Töchter und Söhne Gottes.

        Aus dieser Identität heraus erwächst Jesu Weg – und vielleicht auch unser eigener. Manchmal führt er in die Wüste, wie bei Jesus nach der Taufe. Oder mitten ins pralle Leben, zu Menschen am See, am Rand, am Kreuzweg.

        Jesu Berufung war einzigartig – und doch ist sie ein Vorbild. Er lebt aus einer tiefen Verbundenheit mit dem Vater, hört hin, ringt, dient. Und ruft andere. „Folge mir nach.“ So einfach. So herausfordernd. Und zutiefst persönlich.

        Berufung ist ein Prozess

        Vielleicht erwarten wir, dass Berufung ein großes, lebensveränderndes Ereignis ist. Und manchmal ist sie das auch. Aber oft geschieht sie in Etappen – tastend, wachsend, reifend. Manchmal zeigt sich erst im Rückblick, was Gott geformt hat.

        Viele biblische Gestalten mussten durch Krisen, Umwege und innere Prozesse gehen, bevor sie ihre Berufung lebten:

        • Jeremia fühlte sich zu jung: „Ich kann nicht reden, ich bin zu jung.“ (Jeremia 1,6)
        • Jona lief zuerst davon.
        • Petrus zweifelte, versagte – und wurde doch der Fels der jungen Kirche.

        Ihre Geschichten machen Mut. Berufung ist kein gerader Weg. Sie ist ein Weg mit Gott.

        Psychologische Perspektiven im Hintergrund

        Auch die Psychologie bestätigt: Menschen blühen auf, wenn sie Sinn erfahren. Viktor Frankl sprach vom „Willen zum Sinn“ als tiefster Antrieb. Carl Rogers betonte, wie wichtig es ist, echt zu leben – sich selbst entsprechend. Und James Hillman sprach davon, dass in jedem Menschen eine Art „Seelenbild“ angelegt ist, das entdeckt und gelebt werden will.

        Diese Gedanken sind keine Konkurrenz zur biblischen Sicht – sie können sie im Hintergrund ergänzen. Sie zeigen: Berufung hat auch mit psychischer Gesundheit, Identität und Lebendigkeit zu tun.

        Aber im Zentrum steht etwas Tieferes: Gott, der ruft. Und du, der antwortet.

        Berufung ist nicht nur „für die anderen“

        Manche meinen: Berufung sei etwas für besonders Begabte, besonders Religiöse oder besonders Mutige. Doch das Neue Testament zeichnet ein anderes Bild:

        „Seht doch, Brüder und Schwestern, wer ihr seid, die ihr berufen wurdet: Nicht viele Weise, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme.“ (1. Korinther 1,26)

        Berufung ist nicht elitär. Sie ist zutiefst menschlich. Gott ruft gewöhnliche Menschen – und macht sie durch seinen Ruf besonders. Nicht im Vergleich zu anderen, sondern in ihrer je eigenen Geschichte mit ihm.

        Der Psychologe Viktor Frankl sagte: „Der Mensch ist auf Sinn hin geschaffen. Die Frage ist nicht: Was erwarte ich vom Leben? Sondern: Was erwartet das Leben von mir?“

        Als Christen glauben wir: Nicht das Leben stellt diese Frage – sondern Gott. Und manchmal ist der Ruf ganz leise. Eine Frage. Eine Sehnsucht. Ein Schmerz, der nicht mehr loslässt. Eine Not, die uns ruft.

        Woran du Berufung vielleicht erkennst

        Berufung zeigt sich nicht immer im lauten Ruf. Sie kann sich auch so ausdrücken:

        • In einem Thema, das dich nicht mehr loslässt.
        • In einer Fähigkeit, die anderen gut tut.
        • In einer Freude, die du beim Tun empfindest.
        • In einer Not, die dich ruft.
        • In einer Verantwortung, die du spürst.

        Abraham Maslow, der eine Stufung menschlicher Bedürfnisse vorschlug, sprach davon, dass jeder Mensch das werden müsse, was er in Wahrheit ist. Vielleicht spürst du genau das: Dass in dir etwas ruft, etwas wachsen will, etwas „zur Welt kommen“ möchte.

        In biblischer Sprache: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ (Jesaja 43,1)

        Wenn du nichts hörst

        Vielleicht aber ist da auch einfach Stille. Keine klare Stimme. Kein Auftrag. Nur ein Alltag, der weitergeht. Dann darfst du wissen: Auch das ist nicht das Ende der Berufung. Manchmal ist Berufung einfach: treu gehen. Gegenwärtig sein. Lieben.

        Jesus ruft Menschen nicht zuerst in ein Tun – sondern in ein Dasein. „Bleibt in mir“, sagt er. Daraus erwächst alles andere. Auch die Berufung.

        Fragen zur persönlichen Spurensuche

        Vielleicht magst du dir einen ruhigen Moment nehmen – und dich diesen Fragen öffnen:

        1. Was hat mich schon als Kind berührt? Wofür habe ich gebrannt?
        2. Welche Menschen oder Aufgaben lassen etwas in mir aufleuchten?
        3. Gibt es einen Schmerz oder eine Sehnsucht, die mich ruft?
        4. Wo könnte mein Platz sein – nicht, weil ich alles kann, sondern weil ich dort gebraucht werde?

        Zum Schluss

        Du bist gemeint. Nicht irgendwann. Nicht erst, wenn du „bereit“ bist. Sondern heute.

        Gott ruft – und er ruft dich. Vielleicht leise. Vielleicht durch andere. Vielleicht durch eine Frage, die dich nicht loslässt.

        Und wenn du antworten willst, brauchst du nicht viele Worte. Vielleicht reicht ein einfaches: „Hier bin ich.“

        Du willst weiter darüber nachdenken?

        Manchmal hilft es, das, was einen innerlich bewegt, nicht nur für sich zu behalten – sondern auszusprechen. Mit jemandem, der einfach da ist und zuhört. Wenn du das Gefühl hast, dass in dir etwas ruft – oder du dich fragst, was deine Berufung sein könnte –, dann melde dich gern.

        Wir sind für dich da.
        Ein seelsorgliches Gespräch – einmal oder regelmäßig – kann helfen, auf Gottes Stimme zu hören und die eigene Spur zu entdecken. Ganz ohne Druck. Ganz in deinem Tempo.

        Du bist willkommen.

        Über Ernest Heinlein

        Klar in der Sprache, neugierig im Denken – Ernest liebt Gegensätze. Als Controller steuert er internationale Standorte im Automobilsektor, als Coach begleitet er Menschen mit Feingefühl und Tiefgang.

        Ob Excel-Tabelle oder Seelenlandschaft, ob Gartenschaufel oder Gesellschaftsanalyse – Ernest verbindet Struktur mit Kreativität, Nachdenklichkeit mit Optimismus.

        Er lebt mit Herz, Verstand und Humor – in Familie, Beruf, als Coach und als Teil der Gemeindeleitung der Evangelischen Gemeinschaft. Begeistert von Gott und den Menschen, bringt er Ideen und Herzen in Bewegung.

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