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        „Wer nicht weiß, woher er kommt, der nicht weiß, wohin er geht.“  Getreu diesem Zitat von Darius Romanelli halte ich es für angebracht, an dieser Stelle einen Rückblick auf unsere Geschichte in der Gebhardtstrasse 19 ins Gedächtnis zu rufen. Für alle Leser anbei die Wiederholung des Berichtes aus dem Jubiläumsmagazin “100 Jahre Landeskirchliche Gemeinschaft in Fürth” vom Januar 2014.

        1914: Der Beginn der Gemeinschafts- und EC-Arbeit in Fürth

        Einige meist junge Leute, die in der Füll in Nürnberg (heute Landeskirchliche Gemeinschaft am Dürer) ihre Entscheidung zum Glauben getroffen haben, wollten auch in Fürth einen ähnlichen Kreis haben. Sie hatten sich zum Ziel gesetzt, ihr Glaubensleben zu vertiefen und anderen die Gute Nachricht zu verkündigen und den Weg zum Glauben zeigen.

        So erbat man sich eine Diakonisse des Mutterhauses Hensoltshöhe aus Gunzenhausen. Die Fürther waren bereit, finanziell diese Arbeit zu tragen. Am 01.02.1914 konnte die Diakonisse Hedwig Schwarz in der Karolinenstraße die Arbeit in gemieteten Räumen beginnen.

        Durch Evangelisationsvorträge fanden viele eine persönliche Beziehung zu Jesus. So mussten nach kurzer Zeit Bibelstunden in Burgfarrnbach, Unterfarrnbach, Unterfürberg, Dambach, Vach und etwas später in Atzenhof gehalten werden.

        1914-1926: Die Wanderjahre

        Die ständig wachsende Zahl erforderte größere Räumlichkeiten. Deshalb wurden neue Räume gemietet. Zuerst in der Königstraße, dann in der Pickertstraße 2. 1916 übernahm die Verantwortung und Betreuung Schwester Elise Hochstetter. 1925 wurde der erste Prediger Traugott Ullrich, der im Brüderhaus Tabor in Marburg (heutige Hochschule Tabor) seine Ausbildung erhalten hatte, in Fürth angestellt.

        Immer wieder traten vom Jugendkreis EC junge Mädchen in den vollzeitlichen Dienst als Diakonissen in das Gemeinschafts-Diakonissenmutterhaus Hensoltshöhe in Gunzenhausen ein.

        Die in Bayern inzwischen entstandenen örtlichen Gemeinschaften wurden 1921 im Hensoltshöher Gemeinschaftsverband e.V. zusammengefasst. Die genannten Verbände und Ausbildungsstätten wurden dem Gnadauer Verband für Evangelisation und Gemeinschaftspflege angeschlossen.

        Der Erwerb des Gemeinschaftshauses, ein ehemaliges Anwesen einer Süßwarenfabrik in der Gebhardtstraße 19 (G19) in Fürth erfolgte am 01.04.1927

        1927-1945: Ausweitung der Arbeitszweige

        Am 1.9.1927 wurde in der zweiten Etage von Schwester Babette Rösch eine Nähschule eröffnet, die dann zwei Jahre später von Schwester Pauline Emhardt übernommen und 29 Jahre geleitet wurde. Danach übernahm Schwester Wilhelmine Lutz von 1959-1962, ehe die Nähschule dann im Jahr 1963 wieder geschlossen wurde, da keine geeigneten Schwestern mehr zur Verfügung standen.

        Am 4.9.1927 begann Schwester Isolde Höhn mit der Kinderschularbeit. Genau zwei Jahre später wurde Schwester Babette Lanzenstiel als verantwortliche Schwester in Fürth eingesetzt. Sie prägte 45 Jahre lang in besonderer Weise die Gemeinschaftsarbeit in Fürth.

        Am 1.3.1931 konnten neben den Bewohnern des inzwischen eröffneten Mädchenwohnheimes auch andere Berufstätige der näheren Umgebung ihr Mittagessen in dem kleinen Speisesaal in der ersten Etage einnehmen. Schwester Sophie Liebenwein konnte 16 Jahre verantwortlich diese Arbeit leiten. Durch die laufend steigenden Mitgliederzahlen der Gemeinschaft und des Jugendbundes, der Arbeit in der Kinderschule, Nähschule und anderen Aufgaben, wurde es notwendig, mehr Diakonissen einzusetzen. So ist die Diakonissenstation auf sechs Schwestern angewachsen.

        Für die Verkündigung und die verschiedenen Dienste innerhalb des Jugendbundes, des Posaunen- und gemischten Chors hat das Brüderhaus Tabor in Marburg Prediger entsandt. Es wirkten die Prediger Traugott Ullrich (1925-1928), Fritz Schneider (1929-1935), Ludwig Schütz (1935-1939) und Heinrich Weißmüller (1939-1941).

        Über die Situation der Landeskirchlichen Gemeinschaft in Fürth in der Zeit des Nationalsozialismus (1933 bis 1945) ist uns nichts berichtet. Das Verzeichnis der Prediger enthält eine Lücke von 1941 bis 1945. Inwieweit die Kinderschule oder das Mädchenwohnheim durch die Diakonissen fortgeführt wurden, ist ebenso unbekannt. Detailliert ist lediglich der folgende Zeitzeugenbericht bekannt, aus dem man schließen kann, dass kurz vor Kriegsende noch Schwestern und Kinder im Haus waren:

        1945: Teilweise Zerstörung der G19 Räumlichkeiten

        Brandbomben hatten am 21. Februar 1945 vormittags 11 Uhr den Gebäudekomplex getroffen, das Rückgebäude zerstört und das Vorderhaus stark beschädigt. Bis zur ersten Etage war alles ausgebrannt. Schwester Ottilie Eberlein war zu diesem Zeitpunkt mit den Kindern in einem Luftschutzbunker an der Fürther Freiheit in Sicherheit. Die anderen 5 Schwestern konnten durch Gottes gnädiges Bewahren nach dem Luftangriff wieder aus dem Keller hervorkriechen und das wenige verbliebene Hab und Gut herausholen.

        Schon kurz nach dem Fliegerangriff eilten die Gemeinschaftsgeschwister herbei, um den Schwestern mit Rat und Tat zu helfen. Eine Familie aus der Gemeinschaft hat die Schwestern sofort in ihre Wohnung aufgenommen. So fanden die Schwestern fürs Erste einmal Unterkommen, bis ihnen in der Nürnberger Straße bei einer alleinstehenden Frau Wohnräume zugewiesen werden konnten. Nach der teilweisen Zerstörung des Gebäudekomplexes hat das Blaue Kreuz in der Lessingstraße seine Räume für die Gemeinschaftsstunden zur Verfügung gestellt.

        1945: Wiederaufbau und Neubeginn

        Im Jahr 1945 folgte das «Eingeständnis des Irrweges während der Zeit des Nationalsozialismus und die Neuordnung des Verhältnisses zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern« durch das Diakonissenmutterhaus Hensoltshöhe und den Hensoltshöher Gemeinschaftsverband. Dies war auch die Basis für einen Neubeginn der Arbeit in der Landeskirchlichen Gemeinschaft in Fürth.

        Bereits am 1.12.1945 begann Prediger Georg Weimer (1945-1958 und 1961-1968) vom Brüderhaus Tabor seinen umfangreichen Predigt- und Seelsorgedienst in Fürth und dem dazugehörigen Bezirk mit ca. 20 örtlichen Gemeinschaften und Jugendbünden.

        Noch in den Nachkriegswirren begannen die Schwestern unter Leitung von Schwester Babette Lanzenstiel mit dem teilweisen Wiederaufbau des Rückgebäudes. Unter Preisgabe so mancher Lebensmittelmarken der Schwesternschaft, den Spenden der Gemeinschaftsgeschwister und zinsloser Darlehen konnte wenigstens der Gemeinschafts-Saal und die darüber liegenden Zimmer für die Schwesternwohnung erstellt werden. Die deutliche Führung Gottes wurde dabei sichtbar.

        1948: Wiederaufbau des Vorderhauses

        Mit dem „Kopfgeld“ der Schwestern von 40 DM, die am 20.6.1948 bei der Währungsreform ausgegeben wurden, hat es Schwester Babette mit großem Gottvertrauen gewagt, den Wiederaufbau des Vorderhauses zu beginnen. Die Opfer der Gemeinschaftsgeschwister haben auch nicht auf sich warten lassen. Gott selber hat allen Beteiligten den Aufbau des Hauses ans Herz gelegt. Unter anderem wurde in den Gemeinderäumen eine Suppenküche für Bedürftige eröffnet.

        Die 1950er: Zeit des Aufbruchs

        Auch in den folgenden Jahren begann eine rege Bautätigkeit, die den jeweiligen Verhältnissen und Bedürfnissen entsprach. Der Gemeinschafts-Saal konnte erweitert werden, neue Fenster und Türen mussten im ganzen Haus eingebaut werden. In den neuen Räumen traf sich der Jugendbund und die Jungschar, welche Prediger Georg Weimer besonders am Herzen lagen. Auch die Gemeinschaftsstunden wurden in diesen Jahren stets gut besucht. Die Liebe der Menschen, hinter deren Leben Gott stand, hat andere wiederum angesteckt.
        Die Gemeinschaften in den vielen Außenbezirken, z.B. in Markt Erlbach, Wilhermsdorf oder in Mühlhausen hatten dementsprechend auch einen großen Zulauf. Georg Weimer machte seine Besuche trotz der Entfernungen teilweise mit dem Fahrrad.

        Im Jahre 1954 gab es eine Evangelisation durch Billy Graham in Nürnberg. Die Jugendbünde der Gemeinschaften nahmen an dieser Veranstaltung teil und viele haben eine persönliche Entscheidung für ein Leben mit Jesus Christus getroffen. Es entstand eine Jungen- und Mädchenschaft für 13-16 jährige sowie der „Freundschaftliche Jugendbund“. Im Jugendbund wurde zu diesen Zeiten viel gesungen und Psalmen gelesen. Alle vier Wochen wurde der Jugendbund beauftragt, Gemeinschaftsstunden zu halten, u.a. auch in Burgfarrnbach und Dambach. Der persönliche Kontakt zu den Predigern und zu den Schwestern war in dieser Zeit sehr wichtig. Die Gemeinde machte regelmäßig Ausflüge nach Gunzenhausen u.a. zu Oster- und Adventskonferenzen sowie in das EC-Freizeitheim Oberschlauersbach

        Die 1960er & die 1970er: Missionarische Diakonie

        Neben Georg Weimer hatte auch Prediger Gerhard Naujokat (1958-1960) seine Schwerpunkte in der missionarischen Jugendarbeit. Beispielsweise hat sich der Jugendbund samstagabends vor verschiedenen Kinos in Fürth getroffen, Lieder gesungen und für die Gemeinde Gottes eingeladen. In Fürth gab es damals ungefähr 10 Kinos. Selbst unter Prediger Weigold (1969-1978) waren derartige Missionseinsätze, u.a. in Altersheimen ein wichtiger Bestandteil der Gemeinde- und Jugendarbeit. Durch den Jugendbund entstand eine besondere Bindung an die Gemeinde. Die geistliche Heimat der jungen Erwachsenen wurde die Landeskirchliche Gemeinschaft in der Gebhardtstraße.

        Ebenso wurde der Bruderkreis gegründet. Ein Kreis für junge aber auch ältere Männer hauptsächlich zwischen 30 und 50 Jahren. Der Bruderkreis war sozusagen der Vorläufer des Männerkreises. Es wurden Gemeinschaftsstunden gehalten oder Referenten eingeladen. Neben dem Bruderkreis gab es auch einen Frauenkreis.

        Eine Predigerwohnung konnte erworben werden (in der Königsberger Straße 44 auf der Hardhöhe). Der baufällige Schuppen musste durch neue Garagen ersetzt werden. Kellerräume wurden als Jugendräume umgebaut. Prediger Heinrich Weigold hat den sogenannten Jungfamilienkreis gegründet und gehalten. Dieser bestand aus etwa 15-20 Familien, die sich samstagnachmittags alle vier Wochen trafen. Oft wurden auch Referenten zu einem bestimmten Thema eingeladen. Währenddessen hatten die Kinder Zeit zum gemeinsamen Spiel. Die Treffen haben die Gemeinschaft unter jungen Familien sehr gefördert.

        Die 1980er: Evangelisationen

        Die Frauen der Prediger haben sich immer sehr für die Gemeinde eingesetzt. Dies war beispielsweise besonders bei Frau Moldenhauer ausgeprägt. Die Frau des Predigers Siegfried Moldenhauer (1978-1987) pflegte insbesondere persönliche Kontakte zu Frauen und besuchte Jung und Alt. Für Weihnachten wurde viel gebastelt, z.B. eine Weihnachtskrippe.

        Prediger Moldenhauer hatte hingegen die besondere Gabe der Evangelisation. Er war, wie seine Vorgänger, erfüllt mit Jesus‘ Liebe und konnte diese gut weitergeben. Die Gemeinde war in dieser Zeit sehr lebensfroh. Sie zeigte sich als eine eingeschworene, gegeneinander achtsame Gemeinde von älteren Geschwistern und einigen jungen Familien. Die Gemeinde war sehr offen für den Nachwuchs und ihre Ideen. Ältere Gemeindeglieder haben sehr viel mit seelsorgerlichen und evangelistischen Schriften gearbeitet.

        Neben den hauptamtlichen Predigern war die leitende Gemeindeschwester Lina Ulrich (1973-2000) in ihrer gesamten Dienstzeit die prägende Gestalt, an der alle Nahtstellen der Gemeinde zusammenliefen. Sie hat die Gemeinde in vielen Dingen zusammengehalten.
        Geistlich ging es in dieser Zeit um das persönliche Leben mit Jesus und was dies für den Alltag und das konkrete Leben bedeutet. Der Einzelne vor Gott stand im Mittelpunkt der Predigt und der Arbeit der Hauptamtlichen. Außerdem war die Anteilnahme am Schicksal des Volkes Israel in den Herzen der Gemeindeglieder sehr verankert.

        Die Gemeindeleitung und der Ältestenrat wurde durch den Prediger Hermann Weber (1987-1996) aufgebaut und neu gegründet und fortan kontinuierlich durch die Gemeinde gewählt. Verschiedenste Ämter der Gemeinde wurden in ehrenamtliche Hände übertragen.
        Ende der 80-er Jahre wurde ein starkes Zusammenwirken des Jugendkreises und der gottesdienstlichen Gemeinde forciert. Dies erleichterte der Jugend die verbindliche Zugehörigkeit zur Gemeinde.

        Die 1990er: Hauskreise werden gegründet

        Erste Hauskreise lösen die Familienkreise ab. Es gab aber weiterhin den Jungfamilienkreis. Diese Entwicklung wurde durch den Prediger Hermann Weber gefördert und unterstützt. Ein weiterer Schwerpunkt lag beim Aufbau der Seelsorge-Kompetenz von ehrenamtlichen Mitarbeitern.

        Ebenso blühte der Jugendbund unter Hermann Weber auf. Es gab vielfältige Aktivitäten und eine sehr gute Verkündigung, durch die viele junge Leute angesprochen wurden. Außerhalb der Gemeindeaktivitäten gab es im Jugendbund einen sehr großen Zusammenhalt, der viele lustige Episoden hervorbrachte.

        Der Gottesdienst am Sonntagmorgen löste die Gemeinschaftsstunde ab. Die Identität der Gemeinde bekam ein neues Gesicht. Durch Umstrukturierungen der Predigerbezirke wurden diese stetig verkleinert. Bis heute kooperieren im Predigtdienst lediglich noch die Gemeinschaften Fürth Gebhardtstraße und Vach, Rotdornstraße.

        Ende der 90-er Jahre besuchten immer mehr Geschwister der Sinti die Gemeinde, so dass der Gemeindesaal bald zu wenig Platz bot. Daraufhin wurde zunächst ein eigener Gottesdienst für Sinti angeboten und schließlich gründeten sie eine eigene Gemeinde. Schwester Lina Ulrich war mit ihrem warmen Herzen eine liebevolle Begleiterin und Beraterin.

        2000 – heute: Ein vielfältiges Angebot entsteht

        Während der Amtszeiten der Prediger Georg Coppes (1997-2003) sowie Stefan Thieme (2003-2013) wurden die vielfältigen und vor allem auch seelsorgerlichen Angebote für alle Altersgruppen in der Gemeinde abgerundet. Bedürftige und Menschen mit psychischen Problemen rückten stärker in den Fokus.

        In diese Zeit fällt auch die bewusste Entscheidung, als Gemeinde Teil der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche zu sein und zu bleiben.
        Einige Gemeinderäume wurden in diesen Jahren neu bzw. ausgebaut. Die frühere Diakonissenstation im ersten Obergeschoß wurde zur Predigerwohnung.

        Im Anschluss konnte auch die Jugendarbeit weiter ausgebaut werden, u.a. gibt es seit 2006 einen hauptamtlichen Jugendreferenten. In Abstimmung mit dem Jugendamt der Stadt Fürth und der nahegelegenen Otto Seeling Mittelschule wurde der offene Jugendtreff Downstairs im Jahr 2006 ins Leben gerufen, um den Kinder und Teenagern von 10-16 Jahren in der Fürther Oststadt eine offene Anlaufstelle im Stadtteil zu bieten. Zweimal wöchentlich besuchen uns viele Kinder und Jugendliche, die überwiegend einen internationalen Hintergrund aufweisen. Zentrale Elemente unserer Arbeit sind Spielmöglichkeiten, kreative Workshops, Sport und Kontaktpflege.

        Die Gemeinde bleibt nicht nur für sich: Über mehrere Jahre fühlte sich ein türkischer Hauskreis in unseren Räumen sehr wohl. Ebenso nutzt übergangsweise für einige Jahre die CGF (Christengemeinde Fürth) die Gemeinderäume für ihr Gemeindeleben.

        Heute hat unsere Gemeinschaft ca. 50 Mitglieder und ca. 60-70 Gottesdienstbesucher. Gemeinschaftspastor seit Oktober 2013 ist Hermann Stecher. Vieles hat sich in diesen mehr als 100 Jahren verändert. Unverändert aber bleibt unser Ziel, das eine Evangelium durch die Gemeinde Jesu der ganzen Welt weiterzusagen. Dieser Auftrag ist für uns auch heute noch verpflichtend.

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